Reisen Sie gerne und lieben Sie Abenteuer? Judith Schalansky entführt Sie in ihrem Buch Atlas der entlegenen Inseln bis ans Ende der Welt und lässt Sie eintauchen in absurd-abgründige Geschichten.
Dieses Buch ist quasi ein „Must have“. Zumindest für alle die Abenteuer lieben und gerne reisen. Und sei es nur mit dem Finger auf der Landkarte.
Judith Schalansky beschreibt 50 Inseln, ferne Orte, die in jeder Hinsicht weit weg sind. Entfernt vom Festland, von Menschen, Flughäfen und Reisekatalogen, und deren Namen allein schon wie Abenteuer klingen. Tristan da Cunha, Süd-Thule, Napuka, Rapa Iti.
Die 1980 in Greifswald (Deutschland) geborene Autorin nimmt die Leser mit auf die Reise,
läßt sie eintauchen in absurd-abgründige Geschichten. Selber nie dort gewesen, hat Schalansky diese aus naturwissenschaftlichen Berichten und historischen Aufzeichnungen zusammen getragen. Die Erzählungen handeln von merkwürdigen Bewohnern. Schiffbrüchigen, Naturforschern, Leuchtturmwärtern, Sträflingen und anderen Menschen, die meistens unfreiwillig am Ende der Welt gelandet sind.
Dieser ungewöhnliche Atlas begeistert seine Leser auch durch seine kunstvolle Gestaltung mit Illustrationen. Alle Inseln sind nach Ozeanen geordnet und im echten Maßstab abgebildet. Schalanskys Buch zeigt eindeutig, die besten Reisen finden im Kopf statt und mit dem Finger auf der Landkarte. Intensiv geschrieben, riecht der Leser das Meer, hört die Möwen und spürt den Sand unter den Füssen.
Das Buch erhielt viele Auszeichungen und Preise:
* 1. Preis der Stiftung Buchkunst 2009 es wurde damit zum „schönsten deutschen Buch des Jahres“ gekürt.
* red dot award winner: communication design 2011
* Gewinner des Designpreises der Bundesrepublik Deutschland in Silber in der Kategorie Kommuniktionsdesign 2010
* bei den 9. ITB Berlin BuchAwards 2010 ausgezeichnet in der Kategorie „Das besondere Reisebuch“ ***
Ihr Guide Astrid Haas
Leseprobe:
0 77° 29′ N 0 82° 30′
Arktischer Ozean; Karasee
Einsamkeit (Russland) norwegisch. Russisch Ostrow Ujedinenija [Zurückgezogenheitsinsel] 20 km ² unbewohnt
Die Einsamkeit liegt im Nordpolarmeer – mitten in der Karasee. Diese Insel macht
ihrem Namen alle Ehre: Öde und kalt ist sie, im Winter vom Packeis eingepfercht; bei
16 Grad minus liegt die Temperatur im Jahresdurchschnitt, im hohen Sommer steigt
sie auch mal knapp über null.
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Hier wohnt niemand. Eine alte Station liegt im Schnee versunken, verlassene Gebäude schlafen im Bauch der Bucht, mit Blick auf die zarte Nehrung hinterm gefrorenen Moor.
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Der Halswirbel eines urzeitlichen Drachen wird
gefunden. Ein paar Jahre später feuert ein Unterseeboot der deutschen Kriegsma-
rine Granaten auf die Wetterstation, zerstört die Baracken, tötet die Besatzung – das
Unternehmen Wunderland schießt auf die Einsamkeit: eine der letzten Aktionen dieses
Kommandos.
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Als eine der größten Polarstationen der sowjetischen Union wird sie im
Kalten Krieg wiederaufgebaut. Vergessen ist der Taufname, den der Kapitän aus
Tromsø diesem Flecken gab – aus der Insel der Einsamkeit wird im Russischen die
Insel der Zurückgezogenheit. Ihr Besucher ist jetzt kein Gefangener mehr, sondern
ein Eremit, der schweigend seine Eiswüstenjahre absitzt, bis er als Heiliger aufs Fest-
land zurückkehren kann.
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Der übrig gebliebene Proviant liegt tiefgefroren in der grünen Holzbaracke, vereist, wie die Geräte zum Messen des Luftdrucks, der Temperaturen, der Windrichtung, der Himmelsstrahlung und Wolkenhöhe. Der Auffangtrichter für den Niederschlag ist unter dem Schnee begraben. An der Wand mit Palmenmuster hängt ein Bild des kinnbärtigen Lenin. Im Logbuch sind die Wartungsarbeiten des Chefmechanikers akkurat vermerkt, der Öl- und Benzinstand der einzelnen Maschinen. Der letzte Eintrag aber hält sich nicht an die Spalten, mit rotem Filzstift steht da:
November 1996. Heute kam der Befehl zur Evakuierung. Wasser abgelassen, Dieselgenerator ab gestellt. Die Station ist …
Das letzte Wort ist nicht zu entziffern. Willkommen in der Einsamkeit.