Es war ein frischer Frühlingsmorgen und unsere Boote erwarteten bereits die Ankunft einer ruhigen Schule von Kurzschnabel-Gewöhnlichen-Delfinen (Delphinus delphis), die bald langsam auf uns zuschwammen. Diese farbenprächtigen Delfine sind auf See sofort an dem charakteristischen gelben Sanduhrmuster zu erkennen, das sich entlang ihres Körpers zieht. Plötzlich sah ich ein Tier, das viel dunkler gefärbt war als alle anderen und wo das charakteristische Muster nicht zu erkennen war. Vielleicht handelte es sich dabei um eine andere Art, vielleicht sogar um ein Hybrid? Das Tier hatte jedoch den eleganten Körperbau eines Gewöhnlichen Delfins und war perfekt in der Gruppe integriert. Ich war mir meines Urteils nicht sicher, und machte also genau das, war wir Guides immer machen in solchen Situationen; ich schickte die Fotos an Wissenschaftler um ihre Meinung zu kriegen. Die Wissenschaftler bestätigten meine Theorie; der Delfin hatte eine Pigmentanomalie, welches als Melanismus bezeichnet wird. Hier wird das dunkle Pigment Melanin, das die Haut vor den schädlichen UV-Strahlen der Sonne schützt, durch eine Mutation überproduziert und lässt das Tier viel dunkler erscheinen.
Nachdem diese Anomalie bei dem Tier bestaetigt wurde, hielt ich immer wieder Ausschau nach einem anderen melanistischen Delfin und fing bald an, viele dieser Tiere zu sehen, manche sogar mit melanistischen Kälbern. Melanistische Kälber bringen diese Anomalie auf ein völlig neues Niveau; sie zeigen, dass die Mutation erblich ist, einem Phänomen, das als adaptiver Melanismus bekannt ist. Dies deutet darauf hin, dass die Tiere durch diese dunkle Pigmentierung gewisse Vorteilen bekommen müssen, die normalerweise mit der Jagd oder der Paarung zusammenhängen. Eine andere Theorie besagt, dass sie möglicherweise mit dem Klimawandel und dem sich immer weiter ausdehnenden Loch in unserer Ozonschicht zusammenhängen. Da das Wasser unserer Ozeane sich allmählich erwärmt, ist es für oberflächenaktive Wale wie Gewöhnliche Delfine sinnvoll, widerstandsfähiger gegen die schädlichen UV-Strahlen der starken Sonne zu sein.
Pigmentanomalien und Hybriden sind zwei der erwarteten Konsequenzen des Klimawandels. Plötzliche Klimaveränderungen führen bekanntermaßen zu Veränderungen der Verbreitungsmuster mehreren Arten, wodurch sich ihre ökologische Nischen überschneiden. Also treffen sich Arten die sonst eher getrennt sind. Natürlich sind solche Erscheinungen schwieriger zu beobachten in einem riesigen Lebensraum wie der Ozean, aber Hybriden sind bei Walen keine seltene Sichtung mehr. Extreme Wetterbedingungen können auch bei großen Gruppen von Walen zu Orientierungslosigkeit führen und sie dazu veranlassen, sich geschützten Buchten zu nähern, in denen sie möglicherweise von eine plötzliche Ebbe überrascht werden, was zu Massenstrandungen führt. Temperaturverschiebungen verändern auch die Dynamik von Strömungen, die sich besonders auf die saisonale Beute der Bartenwale in Fressgebieten auswirkt.
Während also die dunklen Gewöhnlichen Delfine, die wir an diesem schönen Tag gesehen haben, möglicherweise eine Mutation erlebt haben, die sie angesichts des Klimawandels widerstandsfähiger macht, können erwartete Veränderungen auch negative Mutationen hervorrufen, die einen schädlichen Zustand der Tiere auslösen und sie daher anfälliger für bakterielle und chronische Krankheiten machen.
Kurz gesagt, der Klimawandel hat nichts Positives zu bieten. Wir können nur bewundern, wie die Natur es schafft, uns angesichts dieses ernsten Problems mit wunderbaren Sichtungen zu überraschen.
von Paula Thake