Wenn wir an Meeressäuger denken, stellen wir uns sehr soziale und intelligente Wesen vor, die zusammen mit ihren Artgenossen durch die Weltmeere ziehen. Die Streifendelfine (Stenella coeruleoalba), die wir heute Morgen auf der Ribeira Brava-Tour begegnet sind, passen mit ihrer einzigartigen Gruppendynamik genau in diese Beschreibung rein.
Allerdings reisen nicht alle Meeressäuger in Gruppen. Im Gegensatz zu den Zahnwalen (Odontoceti) reisen die Mitglieder Familie der Bartenwal-Familie (Mysteceti), im Allgemeinen alleine. Die Migrationsrouten dieser Filtrierer werden großteils von Planktonblüten in bestimmten Regionen dominiert. In diesen sogenannten „Feeding-Grounds“ werden die Wale in Begleitung ihrer Artgenossen gesehen und Sozialverhalten unter den Tieren kann beobachtet werden.
Wir hatten seit einiger Zeit keinen Bartenwal mehr gesehen, deshalb waren wir überglücklich, als wir am Nachmittag auf der Stenella einen gewaltigen (und ziemlich neugierigen) Seiwal (Balaenoptera borealis) begegnet sind. Sichtungen mit dieser Art sind auf Madeira das ganze Jahr über möglich, in Winter sind sie aber etwas häufiger. Zu dieser Jahreszeit wandern Seiwale aus kühleren subpolaren Gewässern in wärmere subtropische Breiten, bevor sie im Frühling wieder Richtung Norden entlang des Ost-Atlantischen Kontinentalhangs zurückkehren.
Ihre langen und ziemlich einsamen Wanderungen hindern Bartenwale jedoch nicht daran, miteinander zu kommunizieren. Im Gegensatz zu den kurzwelligen Schallwellen, die häufiger von Zahnwalen verwendet werden, erzeugen Bartenwale Schallwellen mit sehr niedrigen Frequenzen, die eine unglaublichen Reichweite haben. Aufgezeichnete Kontaktanrufe von Sei-Walen hatten Frequenzen so tief wie 34 Hz, der Blauwal (Balaenoptera musculus) ist hier jedoch der Spitzenreiter. Ihre Rufe sind die lautesten und tiefsten im ganzen Tierreich, und reichen generell von 10 bis 40 Hz.
Einige Einzelgänger der Ozeane können jedoch nicht über solche Entfernungen mit Artgenossen kommunizieren und verbringen ihr Leben in bescheidener Einsamkeit. Zum ersten Mal seit ungefähr zwei Monaten, sind wir einer Unechten Karettschildkröte (Caretta caretta) begegnet, die heute Morgen vom Geburtstagskind an Bord der Ribeira Brava entdeckt wurde. Schildkröten begeben sich alleine auf unglaublich lange Reisen durch die Weltmeere. Die Tiere, die Madeira besuchen, sind hauptsächlich junge Schildkröten, die in diese Gewässer kommen, um sich zu ernähren und auszuruhen. Obwohl die Migrationsmuster der Schildkröten nicht so festgelegt sind wie die der Bartenwale, sind ihre Wanderungen keineswegs zufällig und hängen weitgehend von den Meeresströmungen ab. Als phillopatrische Tiere, werden sie auch eines Tages an denselben Strand zurückkehren, an dem sie selber als Hatchling geschlüpft sind, um ihre eigenen Nester zu legen.
Der Satz „nicht alle, die wandern sind verloren“, ist daher weithin auf einige der großartigen Kreaturen unserer Ozeane anwendbar.
Von Paula Thake
Sichtungen des Tages
Ribeira Brava
10:00 Streifendelfine
Stenella
15:00 Sei-Wal