Heute war ein unerwartet spektakulärer Tag auf dem Atlantik! Unser Späher führte uns zuerst zu einer Herde von Großen Tümmler (Tursiops truncatus), die mit winzigen kleinen Kälber unterwegs waren, bevor wir einer großen, verstreuten Gruppe von Kurzflossenen-Pilotwalen (Globicephala macrorhnychus) begegneten, die von interaktiveren ozeanischen Tümmler begleitet wurden. Dann das große Finale; eine Herde von Pottwale (Physeter macrocephalus) 7 Seemeilen von Calheta entfernt! Nachdem fünf der riesigen Meeressäuger ihre Fluke hebten, um in die Tiefe zu tauchen, durften unsere Glückspilze an Bord eine nahe Begegnung mit einer Pottwal-Mutter und ihr Kalb genießen, bevor wir eine weitere Gruppe von Pilotwalen und Tümmlern sichteten.
Jeder weiß, dass Pottwale extreme Tiefen erreichen können und die erdrückenden Druckschwankungen gut aushalten. Um dies zu schaffen, verfügen diese riesigen Zahwalen sowie auch andere tief tauchende Meeressäuger über eine Reihe anatomischer und physiologischer Anpassungen, die es ihnen ermöglichen, diese unglaublichen Tiefen zu erreichen, ohne innere Verletzungen oder Embolien zu erlangen.
Einer der grundlegendsten Anpassungen ist ein flexibler Thorax und elastisches Gewebe in der Lunge und der Luftröhre, die im Wesentlichen ein Kollabieren des Brustkorbs und der Lunge ermöglichen. Pottwale haben Rippen, die durch lockeren, knickbaren Knorpel an das Sternum gebunden sind, so dass sich die Knochen in sich zusammenfalten, anstatt bei den hohem Druck zu brechen. Damit dies geschieht, muss die Lunge vor einem Tauchgang vollständig entleert werden um Verletzungen zu verhindern. Also muss der während eines Tauchgangs verbrauchter Sauerstoff von woanders beschafft werden. Myoglobin, ein sauerstoffbindendes Protein in der Muskulatur von Säugetieren, ist in Meeressäuger zehnmal stärker konzentriert und bindet dreimal mehr Sauerstoff als Hämoglobin, das für den Sauerstofftransport in unserem Kreislaufsystem verantwortliche Pigment. Das Blutgefäßssystem der Wale ist für Abenteuer im dunklen Ozean auch bestens gerüstet. Große elastische Venen und ein einzigartiges Kapillarwundernetzwerk, das als Reta Mirabile bekannt ist, verhindert das Auftreten von Luftembolien, die besonders gefährlich für Menschen sind, die in größere Tiefen tauchen möchten.
Natürlich sind die übermenschlichen Tiefen, die von Freitaucher erreicht werden, nicht vergleichbar mit den unglaublichen 2.500 m, welche die riesigen Pottwal-Bullen fast täglich tauchen (und wer weiß, wahrscheinlich geht’s ja noch tiefer…). Es gibt aber dennoch unter den tauchenden Säuger universelle Strategien, die von Pottwalen sowie auch von menschlichen Freitauchern genutzt werden. Wie Pottwale vermeiden Freitaucher unnötige Bewegungen Unterwasser, um den Sauerstoffverbrauch zu minimieren. Pottwale treiben ihre Körper mit ihren großen Flossen in die Tiefe, bevor sie einfach kopfüber und fast reglos in das dunkle Meer gleiten. Ab einer gewissen Tiefe, ist der Druck nämlich hoch genug dass der Körper von alleine sinkt. Tief tauchende Meeressäuger reduzieren auch drastisch ihren Herzschlag, sodass es oft nur 4 Mal pro Minute schlägt. Während Menschen solche niedrigen Herzfrequenzen nicht erreichen können, tragen Atemübungen vor dem Freitauchen dazu bei, die Herzfrequenz und somit den Sauerstoffverbrauch ordentlich zu senken.
Ich bin zuversichtlich, dass es unter den Gästen Menschen gab, die heute bei diesen unglaublichen Sichtungen vor Staunen den Atem anhielten. Inmitten all dieser Oberflächenaktion, die man während den Sichtungen beobachtet, stellt man sich oft vor, was diese Künstler der Tiefen unter der Oberfläche, im weithin unbekannten dunklen Ozean, alles erleben.
Von Paula Thake
Sichtungen des Tages
Ribeira Brava
14:30 Große Tümmler, Kurzflossen-Pilotwale, Pottwale